Appenzeller Sennenhündin - Leinenverhalten

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10 Apr 2012
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#1
Hallo,

ich bin in der "wunderbaren" Situation, den Eltern einer Freundin bei der Hundeerziehung aushelfen zu dürfen. Sie ist zwar kein Aussie, sondern eine Appenzeller Sennenhündin, aber ich hoffe ihr könnt mir trotzdem weiterhelfen ;)

Ausgangssituation ist Folgende: Die Leute haben sich einen Welpen angeschafft, haben aber von Hundeerziehung absolut keine Ahnung. Der Hund ist jetzt 5-6 Monate alt und hat die ersten Wochen seines Lebens keinen anderen Hund gesehen, geschweige denn andere Menschen oder sonst irgendetwas kennengelernt. Ich habe immer versucht zu erklären, dass man wenigstens zu einer Welpenstunde gehen könnte, aber da gab es keine Einsicht (keine Zeit/kein Geld, ich weiß es nicht...) Ich hab damals meinen Ausleihhund mit zu denen geschliffen, als die Kleine 10 Wochen alt war, damit sie wenigstens irgendsoetwas wie Sozialisierung erfährt, aber das hat nur einmal geklappt und danach war dann auch nix mehr. Zumal mein Ausleihhund ein 11 Jahre alter Goldie ist, der noch nie besonders viel von Welpen hielt.

Letztens hatte ich besagte Appenzeller Sennenhündin für fast eine Woche zur Pflege, weil die Eltern meiner Freundin im Urlaub waren und sie selbst zur Arbeit musste. Der Hund ist für das, was er kennt, absolut ok. Kommt mit anderen Hunden aus (finde ich erstaunlich) und ist super anhänglich und verdammt lernwillig. Auf Spaziergängen, wenn dort niemand entgegen kommt, kann man sie sogar ableinen, sie entfernt sich nicht weit und kommt auf Rückruf (bei mir) sofort zurück.

Sie ist noch nicht stubenrein, was aber die komplette Woche bei mir kein Problem war, da ist nix danebengegangen. Nachts war sie bei meiner Freundin und hat da regelmäßig die Wohnung vollgemacht (kann man den Fehler jetzt suchen wo man will). Also es gibt einige Problematiken; fehlende Stubenreinheit, Spielzeug nicht abgeben wollen, Dinge in der Wohnung ankauen. Die Stubenreinheit liegt nicht ansatzweise am Hund, weil man wenn man sie gut beobachtet zu einer 100% Trefferquote kommt, und sie wenn man lange genug abwartet auch draußen (auch an der Leine) macht. Und nach dem dritten Mal Party meinerseits hat sie nachm Pullern dann immer schon freudig auf ihr Leckerchen gewartet.
Wenn man ihr was zum Kauen gibt, nagt sie in der Wohnung sonst nix an und ist eigentlich sogar ziemlich ruhig (aber anscheinend sind die Besitzer nicht auf die Idee gekommen, ihr mal was zu geben :(). Und das Spielzeug freiwillig abzugeben hat sie in 2 Clickersessions fast fehlerfrei hinbekommen (wurde dann bauernschlau, so mit "schnell Leckerchen fressen und dann Spielzeug wieder schnappen", aber auf Dauer nicht schlauer als ich :D).

Das Problem, bei dem ich jetzt Hilfe bräuchte, ist ihre Leinenpöbelei. Sie macht das besonders bei Fahrradfahrern und bei Leuten die zu dicht an mir vorbeilaufen, also sie geht in die Leine wie blöd und bellt und knurrt. Ich bin mir RELATIV sicher dass sie nur unsicher ist, weil sie den ganzen Kram halt nicht kennt, weiß aber nicht wie ich reagieren soll. Ansprache bringt natürlich nichts und sie gibt auch keinen Moment Ruhe, sodass man mal clickern könnte damit sie versteht was man von ihr will (angeclickert habe ich sie über drei Tage hinweg und sie hat das alles sehr gut geschnallt). Meistens wufft sie noch lange nachdem die Leute schon längst um die Ecke gebogen sind. Wahrscheinlich geht ein bisschen Schutzgehabe mit da rein. Warum ich das glaube: Wir wohnen in nem großen umgebauten Bauernhaus mit mehreren Wohnparteien. Als wir grad draußen waren hab ich um die Ecke gesehen wie die Nachbarn die Treppe hoch zu ihrer Wohnung gegangen sind, der Hund hat das nicht mitbekommen (bin ich mir recht sicher, weil sie sonst hingestürmt wäre). Als wir dann selbst reingingen hat sie die Nase in den Wind gehoben und das Treppenhaus zusammengebellt, weil in der Umgebung "ihrer" Personen wohl niemand anders "rumschleichen" sollte.

Wie krieg ich das Pöbeln jetzt raus? Ich hab auch schon versucht sie zu mir zu drehen und festzuhalten sodass sie mitkriegt dass sie die Verantwortung nicht tragen muss, sondern sich auch mal abregen kann. Bisher hat noch gar nix was gebracht, außer dass sie etwas ruhiger war, wenn sie müde war (tooooll...). Und ich möchte ihr wirklich helfen, weil ich nicht glaube dass sie jemals wieder Spaziergänge erleben wird, solange sie sich so verhält. Und der Garten der Leute ... na ja, wir reden von abzählbaren Quadratmetern :(

Weiß da jemand Rat? Ist ja kein ungewöhnliches Verhalten für einen jungen Hund.
Zumal sie wie gesagt für das was sie bisher so erlebt hat (nix) ein recht anständiger Hund ist, der super schnell versteht.
 
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27 Jun 2012
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#2
ich würde Radfahrern, Joggern etc erstmal ausweichen und nur aus größerer Distanz mit ihr beobachten. Du musst die Distanz dann eben so groß wählen, dass sie die Radfahrer etc bemerkt, aber die Situation noch ertragen kann (also ruhig bleibt und ansprechbar ist). Das würde ich dann clickern und dann kannst du die Distanz immer mehr verkürzen. Aber nur in kleinen Etappen!
Je nachdem wie viele Jogger und Radfahrer unterwegs sind, würde ich die Situation auch nachstellen. Dass du vielleicht mit ein paar Freunden auf eine Wiese gehst, du dich mitten reinstellst und deine Freunde am Wiesenrand dann mal lang joggen oder fahren. Wenn sie dann ruhig ist, kannst du 1-2 Schritte näher ran gehen und wenn sie dann immer noch ruhig bleibt, würde ich die Übung erstmal beenden und was wirklich schönes mit ihr machen (vielleicht mit einem Spielzeug spielen, was sie halt gerne macht).

Ich finde es schade, dass die Eltern es verpasst haben diese wichtige Sozialisierungsphase zu nutzen. Damit kann man dem Hund so viel Stress im späteren Leben ersparen (und sich damit natürlich auch) und hat so viel weniger Arbeit. Alles was der Hund danach erst kennen lernt und neu lernen muss, ist so viel mehr Arbeit, als wenn man ihm im Welpemalter einfach möglich viel zeigt...
 
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10 Apr 2012
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#3
Danke für die Antwort :) Ja es ist superschade und ärgerlich, dass die Leute das alles verpasst haben. Aber jetzt kann mans ja auch nicht mehr ändern...

Sowas in der Art dachte ich mir schon also, dass man die Situation nachstellt... das Problem ist, dass man dafür Leute braucht, die sie nicht kennt. Bei denen macht sie das nämlich nur 2x, bis sie die erkennt und dann geht sie schwanzwedelnd hin :/
Wenn die Fahrradfahrer nicht auf uns zukommen bzw. nicht weniger als ... sagen wir 20 Meter oder so weg sind, dann macht sie meistens auch einfach gar nix, dann geh ich aber auch davon aus dass sie nicht verstehen wird wofür sie jetzt gelobt wird :/
Ich hatte einmal die Situation dass wir im Garten saßen und eine andere Nachbarin zur Tür rauskam, da ist der Hund auch direkt wieder auf sie los (ich konnte sie noch schnell am Halsband schnappen weil ich nicht genau wusste wer da jetzt rauskommt). Die Nachbarin hat dann gefragt ob man den Hund wohl irgendwie beruhigen könnte und ich hab ihr ein Stück Wurst in die Hand gedrückt und einfach das Halsband losgelassen. Dann ist der Hund hin (seeehr vorsichtig, also plötzlich null mehr "aggressiv") und hat sich auch nur vorsichtig das Stück Wurst geben lassen. Als die Nachbarin dann weitergegangen ist hat sie sofort wieder angefangen zu bellen :(
 
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27 Jun 2012
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#4
doch, die wird das schon verstehen warum sie da jetzt gelobt wird. So arbeiten wir in der HuSchu auch an Hunde- und Menschenbegegnungen. Mit viel Abstand beginnen und sich immer näher ranarbeiten. Mit Übung verstehen dann auch die "Problem"-Hunde, dass man nicht bellen muss/soll, wenn man einen Artgenossen sieht, oder das man nicht total ausflippen muss wenn man einen Menschen antrifft.

Aber so wie du das beschreibst, kommt da viel Arbeit auf dich zu. Ich würde es auf jeden Fall mit ihr üben, dass sie gelassen an fremden Menschen/Radfahrern/Joggern vorbei geht und diese auch an ihr vorbei gehen können. Weil je nachdem wie sich das mit der Unsicherheit weiter entwickelt, kann sich daraus ein echtes Problem entwickelt. Irgendwann schätzt sie die fremden Personen vielleicht als Gefahr ein und dann kann das zu einem echten Aggressivitätsproblem werden.
Ich finde es aber toll, dass du dir so viel Mühe mit ihr machst, und dabei ist das noch nichtmal dein Hund! Ich ziehe wirklich den Hut vor dir!

Kannst du vielleicht mit den Leuten nochmal sprechen, dass sie nicht doch in eine gute HuSchu mit ihr gehen können? Oder vielleicht kannst du das auch machen? Es ist immer besser, unter einem erfahrenen Auge zu trainieren und jemanden vor Ort zu haben, der einem bei Fragen zu Seite steht und den Hund auch kennt. Ferndiagnosen sind nicht immer das Gelbe vom Ei.
 
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21 Feb 2011
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#5
Eine Bekannte von mir hat einen Appenzeller und sie hatte ähnliche Probleme (teils bis heute noch). Sie ist mit ihm als Welpe zu zig Leuten gegangen und hat den Hund von Fremden füttern und streicheln lassen. Selbst heute knurrt er noch, wenn sich zb ein Fremder runterbeugt, um ihn zu streicheln.
Appenzeller wurden / werden zum Viehtreiben und Bewachen gezüchtet....genau wie der Aussie. Sie sind bellfreudig und haben oft so einen "starren Blick", bei dem sich andere Hunde dann wohl eher unwohl fühlen. Als Hüte- und Treibhund reagiert er ganz besonders auf Bewegungsreize.
Steffi hat schon sehr schön beschrieben, wie du es trainieren kannst.....sie wird es schnell verstehen, den Appenzeller sind sehr intelligent.
Wirklich schade, dass sich die Besitzer so wenig um sie kümmern, denn gerade Appenzeller hängen sehr an ihren Menschen.
 
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10 Apr 2012
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#6
Danke Schneffi und Gundi,

ich denke nicht dass es sinnvoll ist wenn ich mit dem Hund zur Hundeschule gehen würde (obwohl ich das echt RICHTIG gerne machen würde!!!), weil es ja schließlich darum geht, dass die Besitzer es verstehen. Und die wollen dafür ja kein Geld ausgeben. Ich habe mich als Trainer angeboten, ohne dass ich was dafür bekommen würde (außer Spritgeld) - aber ich würde auch nix verlangen, weil ich dazu ja nicht ausgebildet wurde und wie ihr seht ja auch nicht sofort für alles die Lösung parat habe. Aber ich fand diesen Hund in der einen Woche in der ich ihn hatte so klasse, dass es einfach verdammt schade wäre wenn der in seinem 10qm-Gärtchen vergammeln muss! Ich kanns auch einfach nicht verstehen... die arbeiten beide Vollzeit, der Hund ist 8 Stunden am Tag alleine zuhause, zerkaut dann natürlich das halbe Inventar... und sie haben weder das Geld noch die Zeit die man für die Ausbildung braucht. Aus genau den Gründen, bzw. hauptsächlich aus momentanem Zeitmangel, hab ICH jedenfalls KEINEN Hund. Obwohl ich mir nix auf der Welt sehnlicher wünsche!

Ich werd mal gucken dass wir ein bisschen draußen üben bzw. die Situationen nachstellen können. Nur für soetwas "langwieriges" werden die Besitzer keinen Nerv haben :( aber mal schauen inwieweit ich ihnen da ins Gewissen reden kann. wenn ich die Zeit hätte und dürfte, ich würd die kleine Maus sofort behalten.

@Gundi dass sie auf Bewegungsreize stark reagiert hab ich gemerkt, das witzige ist, dass sie unterscheidet - Jogger, Fahrradfahrer, Pferde (bzw. Reiter) sind ganz schlimm, aber Autos, Kühe und Vögel z.B. sind vollkommen egal. Aber was das angeht werd ich mit ihr auch noch ein bisschen Frustration üben. Bisher war nämlich auch immer wildes, planloses Bällchenwerfen ohne Regeln angesagt.
und ja - die hing nach 5 Tagen an mir als wär ich seit Monaten ihr Frauchen!! als sie abgeholt wurde wollte sie gar nicht mit und hat sich immer wieder umgedreht. und dann soll einem mal nicht das Herz brechen!
 
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27 Jun 2012
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#7
hmmhh mir tut der Hund grad total Leid! Ich verstehe nicht, wie man sich einen Hund anschaffen kann, wenn man absolut keine Zeit hat und nicht bereit ist, Geld in die Ausbildung zu finanzieren.
Aber das Mitleid hilft dem Hund ja leider nicht, und ich weiß auch nicht, was man da großartig machen kann.

Vielleicht kannst du ja mit Freunden (die auch gerne einen Hund hätten/oder haben) einen Gassigehplan aufstellen, damit sie regelmäßig rauskommt. Sofern die Leute das zu lassen. Oder denen wirklich nochmal eindringlich ins Gewissen reden, das die den Hund besser abgeben sollen (an die Züchterin?), dass sie in eine aktive Familie vermittelt wird, die bereit ist mit ihr zu arbeiten?? Sie muss doch total unterfordert sein, da Gundi ja geschrieben hat, dass diese Rasse sehr intelligent ist (ich kenne mich mit Appenzellern leider nicht so aus).
Ich meine, jetzt ist die Hündin noch jung, aber wenns das nächste halbe bis ganze Jahr keine Besserung gibt, wird sie doch geistig total abstumpfen und innerlich zu Grunde gehen. Ganz davon abzusehen, was los sein wird, wenn sie erstmal in die Pubertät kommt.
Vielleicht sehen es die Leute ja ein, wenn der Hund die halbe Wohnung vor Frust und Langeweile auseinander nimmt... oder sie wird sich nur noch apathisch in die Ecke legen...


und ja - die hing nach 5 Tagen an mir als wär ich seit Monaten ihr Frauchen!! als sie abgeholt wurde wollte sie gar nicht mit und hat sich immer wieder umgedreht. und dann soll einem mal nicht das Herz brechen!
Sie merkt halt, dass du ihr gut tust und sie endlich mal gefordert wird. Und das sie so schnell an dir hängt, sehe ich eigentlich als ein Zeichen, dass die Leute sich wirklich nicht gut um sich kümmern...
 
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