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Wie erzieht man ein sensibles Seelchen?

Dabei
25 Apr 2014
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#1
Da ich im Forum nichts wirklich passendes gefunden habe, eröffne ich mal ein neues Thema. Wenn es die Frage doch schon irgendwo auftaucht, dann könnt ihr das natürlich verschieben.

Meine Frage geht an alle, die einen sensiblen, in sich zurückgezogenen Hund haben und gleichzeitig auch eine "Wuchtbrumme", die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt.

Jeder, der schon mal einen Hund gehabt/erlebt hat, den man mit einen kleinen Blick bestrafen kann, wo eine Bewegung ausreicht, damit er erschrocken Beschwichtigungsverhalten zeigt, weiß, wie schwierig das ist. Mit viel Ruhe und einem angepassten Erziehungsstil kriegt man das in den Griff.
ABER wie kann ich vorgehen, wenn der zweite dazu echt klare Ansagen braucht, auch mal sehr deutlich und vllt. sogar laut, weil sonst nix im Hundehirn ankommt?

Die Erziehung, also neue Befehle, kann man ja allein mit der Wuchtbrumme üben. Dann kommt aber immer der Alltag, wo Sachen einfach mal abgefragt werden und auch klappen müssen. Oder die Wuchtbrumme ist mal wieder beim Toben ordentlich zu Gange, und das Abbruchssignal wird nur von ihr wahrgenommen, wenn es deutlich gegeben wird. Was aber für das Sensibelchen bedeutet, dass es sofort ängstlich ist. Runder Rücken, Schwanz unten (normal wg. Ringelrute locker oben auf dem Rücken), Ohren nach hinten etc.
Manchmal hat mein Sensibelchen sogar Angst, wenn ein anderer Hund von seinem Menschen Mecker bekommt. Dann legt er sich platt auf den Boden, macht sich unsichtbar.

Wie würdet ihr vorgehen, um den ganz normalen Alltag zu gestalten, sodass alle notwendigen Regeln (Sitz, Platz, Warte und und und) gelernt, geübt und auch jederzeit abgefragt werden können, ohne dass einer der beiden sich nicht mehr traut zu atmen (Sensibelchen nimmt dann auch keinerlei Leckerei, geht durchgängig in geduckter Haltung, wenn's länger stressig ist)?

Also, wenn ihr da Ideen oder Erfahrungen habt, die mir vllt. helfen, besser mit den Fellnasen zurechtzukommen, wäre ich froh.
 

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Dabei
27 Jun 2012
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2.750
#2
Ich habe auch zwei charakterlich ganz unterschiedliche Hunde. Merlin mein Sensibelchen und Yankee die Wuchtbrumme, wie du es so schön nennst.
Ich weiß nicht genau, ob meine Tipps dir helfen, da Merlin nicht ganz so sensibel ist (ihm ist es egal, wenn andere ihren Hund ausschimpfen, er guckt dann höchstens verwirrt zu mir und wenn er merkt, dass er nicht gemeint ist, ist alles ok), aber ich schreib einfach mal wie ich es handhabe.

Zuerst einmal habe ich fast kein gleiches Kommando für beide Hunde. Was bei einem "Hier" ist, ist beim anderen "Get Place", so ist das "Aus" bei einem, das "Pfui" beim anderen... Zudem spreche ich erst den einen Hund mit Namen an, wenn beide Hunde im Raum sind. Also zb "Merlin, Hier". Darüber haben meine Hunde gelernt, dass sie nicht unbedingt immer gemeint sind, wenn ich spreche. Aber das müssen sie auch erst einmal lernen, nur auf das Wortkommando zu hören(ich denke das mit dem einzeln ansprechen kann man auch weglassen, wenn das Wortkommando wirklich 110% sitzt).

Im Alltag ist das ganze aber auch erstmal schwierig umzusetzen. Die ersten paar Wochen waren gerade für Merlin schwierig, weil er eben immer reagiert hat, wenn ich Yankee ausgeschimpft habe. Irgendwann hat er aber auch verstanden, dass er nicht gemeint ist. Was ihm aber mehr geholfen hat, war dass ich selbst bei Yankee ruhiger geworden bin. Ich habe dann mehr versucht, Yankee durch Körpersprache als durch Lautstärke zu erziehen. Es hat wahnsinnig geholfen, wenn ich mit der Einstellung auf Yankee zugegangen bin "wenn du jetzt nicht sofort das lässt, was du gerade machst, knallt es, und zwar so richtig!" Nicht das ich ihn geschlagen hätte, aber ich habe ihn spüren lassen, dass es mir ernst ist.
Yankee ist so ein Hund, den Lautstärke mehr anstachelt als ihn von etwas abzuhalten. Wenn Merlin ein lautes "Nein" abbekommt, zieht er den Schwanz ein und geht. Bekommt Yankee ein lautes "Nein" sagt er: Jetzt erst recht.
Bekommt er aber ein ruhiges "Nein", bei dem er merkt, dass es keine Alternative gibt als aufzuhören, hört er auch auf.

Ich habe dadurch gelernt, dass man auch für eine Wuchtbrumme der ruhige Fels in der Brandung sein muss. Je ruhiger man in solchen Situationen ist, und je mehr man das ausstrahlt, umso besser reagiert der Hund auch dadurch. Ich wünsche mir auch, dass ich diese Erkenntnis früher gehabt hätte, dann hätte Merlin weniger unter meinen Schimpftiraden leiden müssen.
 
Dabei
12 Dez 2012
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#3
Huhu Wiebke,

Ich hab hier auch zwei recht unterschiedliche Charaktere. Unser Arkos ist auch ein rechtes Sensibelchen, wobei ganz so leicht zu beeindrucken, wie deiner wohl dann doch nicht. Aber ja, wenn ich Chili wieder von ihrem Napf scheuche, weil sie noch kein Auflösesignal bekommen hat und Arkos hat schon angefangen zu fressen, weil er das Signal eben schon bekommen hat - da tritt Arkos auch wieder von seinem Napf zurück und schaut mich verwirrt und verunsichert an, ob er denn jetzt doch nicht fressen darf. Chili hingehen ist da mehr so, dass man auch mal deutlicher werden muss.
Ich gehe dann so vor, dass ich den unsicheren sehr stark für das richtige Verhalten bestätige. Bei dem oben genannten Beispiel ermuntere ich Arkos dann zum Beispiel regelrecht doch weiter zu fressen. Bei Fressen braucht er allgemein auch seine Ruhe, sonst stresst ihn das. Also wird Chili von ihm weggehalten. Ich versuche zudem bei Korrekturen immer sehr klar zu machen, welchen der Hunde ich meine.

Aber: Grundsätzlich sehe ich es eh so, dass Korrekturen zwar notwendig sind, aber eine gewisse Härte immer falsch ist. Ich merke es an meinen Hunden: Wenn ich zuviel Schärfe in das Ganze bringe, dann ist der eine verunsichert und die andere stellt erstrecht auf stur. Ich denke, grundsätzlich kommt man mit Motivation immernoch am weitesten. Zudem ist mir auch schon oft aufgefallen, dass unser Sensibelchen bei Weitem nicht so sensibel reagiert, wenn er 100% weiß, wofür die Korrektur war. Wirklich beschwichtigend reagiert er nur, wenn er das Ganze nicht richtig versteht. Wenn die beiden zu sehr/wild miteinander raufen, und es kommt ein lautes und sehr deutliches "Hey", dann beschwichtigt auch Arkos nicht - er weiß dann, dass er es übertrieben hat. Außerdem hängt beschwichtigendes Verhalten bei Arkos auch sehr stark mit Emotionalität zusammen, wenn ich ihm aufgebracht einen Anschiss verpasse, beschwichtigt er mehr, als wenn ich ihn ganz emotionsneutral und deutlich etwas klar mache. Fällt mir nicht immer leicht, ich gehöre eher zu den impulsiven Menschen, aber ich versuche in solchen Fällen sehr darauf zu achten, meine Emotionen zurückzunehmen.

Gerade bei Arkos vermeide ich auch jeglichen Zwang. Das führt zu gar nichts bei ihm, es verunsichert ihn nur total. Ich habe erst jüngst wieder lernen müssen, wie schädlich Zwang bei ihm ist. Wir hatten ein Motivationsproblem mit mir Joggen zu gehen, und seit ich das grundsätzlich positiv nochmal von vorn aufgebaut habe, ist es absolut kein Problem mehr. :)

Aber das sind nur so die Gedanken, die ich so hab, wenn ich meine Hunde beobachte. Ob ich das alles immer so richtig handhabe, weiß ich natürlich auch nicht. ;)

Edit:

Ich habe dadurch gelernt, dass man auch für eine Wuchtbrumme der ruhige Fels in der Brandung sein muss. Je ruhiger man in solchen Situationen ist, und je mehr man das ausstrahlt, umso besser reagiert der Hund auch dadurch.
Das ist genau das, was ich in meinem Beitrag mit "Emotionalität" und "Härte" meinte! Nur glaub besser auf den Punkt gebracht :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Dabei
25 Apr 2014
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#4
@Schneffi: Vielen Dank für deinen Beitrag. Deine Idee, für jeden Hund Befehle in einer anderen Sprache zu nutzen, finde ich ziemlich gut. Da werde ich mr mal überlegen , wie ich das für mich umsetzen kann.
@nemesis: Auch an dich ein Dank. Dass Härte in der Hundeerziehung nichts zu suchen hat, habe ich schon bei meiner ersten Hündin festgestellt. Härte erzeugt eigentlich immer Gegenwehr und der Stresspegel, der dadurch entsteht, ist für Hund und Mensch und ihre Bindung giftig.
Wenn ich also laut werde, heißt das nur das ich nicht mehr leise spreche sondern in Zimmerlautstärke.
Und ja, auch mein Sensibelchen, der Boy, kann dickköpfig sein. Das finde ich seeehhhr :p gemein, denn wenn er einen Anfall von Sturheit hat und ich ihn korrigieren muss, andere das sehen und er dann eine total unterwürfige Körperhaltung einnimmt, werde ich als hartherzig bezeichnet. In diesen Momenten denke ich immer: Gleich kommst du in die Wurst! ;)
 
Dabei
25 Apr 2014
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#5
Ein bisschen Staub wegpusten *hust* und dann möchte ich euch mal erzählen, was so aus meine beiden geworden ist.

Für Boy war die Wuchtbrumme ein Segen!! Er wurde gezwungen, auch mal aus sich raus zu gehen -wie schrecklich- und zu zeigen, was er so möchte und nicht möchte.
Inzwischen kann er gut damit leben, dass Söster mal einen Anschiss kriegt, ohne sofort "ohnmächtig" zu werden. Er kann auch ertragen, dass er mal warten muss. Inzwischen verliert er nicht mehr die Lust an den gemeinsamen Aktivitäten, nur weil es einen kleinen Moment dauert.
Das Sensibelchen ist jetzt eins mit Nerven aus Stahl...
Naja und umgekehrt, sie hat kapiert, das Warten nicht das Ende der Welt bedeutet.
Am Ende klingt das ziemlich gleich, was sie lernen mussten - Frust aushalten, ohne auszuflippen.;)
 

Mato

Moderator
Dabei
25 Aug 2013
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#6
Na das klingt doch nach einer guten Zusammenführung, zweier unterschiedlicher Charaktere :)
 
Dabei
25 Apr 2014
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#7
Ja, danke, genauso sieht es im Moment aus. Ich hätte nie gedacht, dass ein Hund eine "Psychotherapie" so helfen könnte, sich weiterzuentwickeln.:eek:
Wenn der HF die Beobachtungsgabe oder eben manchmal auch Eifersucht der Fellnasen beachtet, kann das offenbar funktionieren. Nach Boys letztem Entwicklungssprung bin ich einfach nur erleichtert und glücklich ;).
 

*Loki*

Lokimotive
Dabei
16 Mai 2011
Beiträge
5.314
#8
Liest sich doch gut! Schön!
 

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