Das Problem vieler Menschen liegt meiner Meinung nach auch mit darin , dass sie aus mir unbegreiflichen Gründen einem Tier keine Charaktereigenschaften zugestehen (können, wollen) und das die in Kombination mit denen des Halters erst den fertigen Hund ausmachen.
Das sieht man ja auch hier im Forum.
Jemand hat sich einen Aussie wegen der Reserviertheit geholt und der mutiert zur Knutschkugel bei Fremden und prompt wird gefragt, woran das liegt, obwohl die Rasse doch als reserviert gegenüber Fremden beschrieben wird.
Vielleicht liegt das einfach im Wesen des Hundes, vielleicht ist es die Kombination.
Oder man erhofft sich den Schutztrieb und der Hund ist eine Bangbüx, die bei jedem Anzeichen von potenzieller Gefahr den Rückwärtsgang antritt.
Manche Hunde sind nun mal nicht mutig, oder ich bin es auch nicht und dann kann ich es von meinem Hund nicht erwarten, denn er wird mich immer ein Stück weit spiegeln.
Daran wird dann oft gearbeitet, es wird geklickert und gemacht, gemotzt und gejammert - alles auch bis zu einem bestimmten Punkt zulässig und gut! - Aber hingenommen als der ureigene Charakter wird sowas eher selten.
Das soll jetzt nicht heißen, dass man alle Verhaltensweisen direkt als Eigenschaft abstempeln soll (wird ja auch gerne gemacht, dann heißt es, der Hund ist halt so, wenn unerwünschtes Verhalten gezeigt wird - das ist dann in meinen Augen pure Faulheit, um nicht dran arbeiten zu müssen und das genaue Gegenteil)!
Und, noch viel wichtiger, das große Gesamte wird nicht gesehen und man arbeitet zwar am Hund, aber nicht an sich selbst.
Ich würde mir mehr Akzeptanz wünschen, wenn ein Hund sich nicht genau an die Standardvorgaben hält und dass darin nicht sofort ein "Fehler" drin gesehen wird.
Und das kann auch ein Züchter erwarten.
Zwar kann der schon relativ früh beurteilen, wie die groben Eigenschaften des jeweiligen Welpen sind (eher ruhiger Vertreter, sehr willensstark etc.), aber hellsehen kann er nicht.
Und da sehe ich ihn auch nicht in der Pflicht, explizit darüber aufzuklären , dass der jeweilige Welpe sich nochmal drehen kann und sich vielleicht etwas anders entwickelt, als gedacht.
Das sollte doch jedem mit etwas gesundem Menschenverstand klar sein!
Und auch, dass die Lebensumstände eine große Rolle spielen bei der Entwicklung.
Ich finde es auch nicht prickelnd, dass mein Hund so gar nicht das ist, was die Rasse verspricht.
Aber das hat keiner voraussehen können, das hätte auch ein wirklich guter , erfahrener Züchter vermutlich nicht wissen können, als der Hund noch ein Welpe war .
Weil er nämlich zwar bestimmte Eigenschaften mitgebracht hat, die man von Anfang an erkennen konnte aber sich bei völlig anderer Erziehung und unter anderen Umständen wohl nochmals etwas anders entwickelt hätte - ruhig, sanft und etwas ängstlich wäre er vermutlich trotzdem, denn das steckt einfach in meinem Hund drin.
Eventuell wäre er nicht stinkend faul und etwas souveräner, wäre er woanders gelandet, keine Ahnung
Oder seine Ängstlichkeit hätte ihn bei jemand anderem eher nach vorn statt rückwärts gehen lassen.
So lange der Züchter den Charakter des Halters nicht zu hundert Prozent kennt, kann er auch keine hundertprozentig richtige Einschätzung des Welpen abgeben und ersteres ist nun mal quasi unmöglich.
Deshalb verstehe ich auch absolut, dass Züchter da so sehr auf Nummer sicher gehen wollen, wie nur möglich und bei der geringsten Unsicherheit auch Leute ablehnen.
Jemand, der beispielsweise mich jetzt mit Finn sieht, würde mir vorerst wohl auch nicht unbedingt einen sehr aktiven, fordernden Welpen anvertrauen...Dabei würde ich mir einen solchen durchaus wünschen, weil mir grade das an meinem Hund fehlt.
Sowas gilt es dann im Gespräch zu klären und mittels Menschenkenntnis.
Vielleicht wäre ich wirklich damit überfordert, aber dann müsste ich an MIR arbeiten und das darf ein Züchter auch sehr wohl erwarten.
Und wenn ich dann später zwei Trantüten hätte ...Tja, dann wäre zumindest mir klar, dass das weder am Hund noch am Züchter liegt
Lange Rede, kurzer Sinn.
Ich hoffe, ihr versteht trotzdem, was ich meine.